Tatort Schauenburgflue (BL) 15.06.17: Steineschmeisser
Gestern mittag an Fronleichnam waren wir zu zweit klettern an der bekannten Schauenburgflue (BL). Es war kein Feiertag in Basel, und wir waren ungewohnterweise die einzigen Kletterer dort. Im Sektor Höllochpfeiler hatten wir gerade die bekannte Angensteiner Verschneidung als erste Tour gemacht, als krachend einige Dinge im Waldboden einschlugen. Der Gipfel der Schauenburgflue ist ein bekanntes Ausflugsziel, und wir hörten die Stimmen einer größeren Gruppe Kinder / Jugendlicher von oben. Also brüllte ich etwas hoch - die Flue ist über 30 m hoch und mir war bewusst, daß man meine Worte kaum versteht, es ging nur darum darauf aufmerksam zu machen, daß hier unten Menschen waren. Die Wand ist ziemlich lang, es wäre recht langwierig gewesen außen herum bis zum Gipfel zu gehen und persönlich anzusprechen. Wir vermuteten oben unvorsichtige Kinder, es kam auch ein lautes "Hallo" von oben zurück. Meine Kletterpartnerin ging da schon in Deckung unter einem Überhang, während ich die anderen Sektoren erkunden ging.
Als ich 10 Minuten später wieder zurückkam, schlug wieder etwas im Waldboden ein. Wieder brüllte ich hoch, diesmal noch lauter und wütender. Was daraufhin geschah verschlug uns den Atem: als Antwort prasselte ein Hagel an Geschossen herunter und schlug zwei, drei Meter von uns ein, mehr als faustgroße Gesteinsbrocken sowie halbmeterlange dicke Äste. Zum Glück hatten wir den Überhang als Schutz. Mit unseren Helmen auf dem Kopf kauerten wir dort wie Soldaten im Krieg. Diese großen Steine aus über 30 m Höhe wären tödlich für einen ungeschützten Kopf gewesen. Einen dieser Steine hielt ich in der Hand, ich konnte es nicht fassen.
Jetzt war klar, daß wir es mit schwer gestörten zu tun hatten, eine Aufsichtsperson schien es da oben nicht zu geben. Wir überlegten unter dem Überhang kauernd, was tun? Wir wollten nur noch weg. Allerdings lag unsere gesamte Ausrüstung noch in der gefährlichen Zone. Ich kramte nach dem Handy und wollte die Polizei verständigen. Ein Blick auf die Karte zeigte jedoch, daß keine Strasse zum Gipfel hochführt. Wie wahrscheinlich war es, daß sich Polizisten zu Fuss auf den Weg zum Gipfel machen? Ich habe deshalb darauf verzichtet, die Polizei zu verständigen. Hoch gehen und die Kerle zur Rechenschaft ziehen? Ich war im unklaren über das Alter der Jugendlichen, gegenüber einer Gruppe von Halbstarken hätte ich alleine schlechte Karten gehabt, und die Betreffenden waren offensichtlich nicht normal (meine Kletterpartnerin wäre mir da keine körperliche Hilfe gewesen). Nachdem einige Minuten Ruhe herrschte, rannte ich aus der Deckung und sammelte unsere umherliegende Ausrüstung schnell ein. Wir flüchteten dann seitlich durchs unwegsame Gehölz, weil der eigentlich Weg in der Anflugschneise potentieller weiterer Geschosse lag. Meinen Kletterführer lies ich im Sektor Lange Wand liegen, weil ich dafür nicht durch die Geschosszone laufen wollte.
Ich hatte schon manchmal ein ungutes Gefühl in Wänden unterhalb von bekannten Aussichtspunkten (z.B. Gempen). Aber das absichtlich tödliche Geschosse hinunter geworfen werden, hatte ich bisher nicht in Erwägung gezogen. Ich werde da künftig wohl vorsichtiger die Klettergebiete auswählen.
Mich würde interessieren, ob das anderen auch schon zugestossen ist?